Konzert: Frankfurt 2009 von Telecaster

Mein 10. Springsteen-Konzert erlebte ich diesmal im Innenraum eines sichtbar nicht ausverkauften, aber dennoch mit guter Stimmung gefüllten Stadions.

Nach den vier flotten Songs (abgesehen vom eher langsameren “Adam”) zu Beginn war ich gespannt, wie der live sicher schwieriger zu vermittelnde “Outlaw Pete” ankommen würde. Und siehe da: Dank der Monument-Valley-Darstellung auf den exzellenten Full-HD-Screens kam tatsächlich Wild-West-Stimmung auf. Sogar die vier extrem besoffenen Typen vor mir sangen den ihnen offenbar bekannten Refrain mit.

Nach dem (von viel zu vielen nervigen deutschen Radiostationen mit “dem besten Mix aus 80ern, 90ern und den Hits von heute”) zu Tode gespielten Crowd-Pleaser “Hungry Heart” ging es mit den für viele unbekannten Stücken “Seeds” und “Johnny 99″, letzterer in der neuen Happy-Version, weiter.

Dann der erste richtige Hammer des Abends: “Factory”. Ein kleines und feines Lied, das Bruce 1978 zu seinem Papa einfiel. Selten bis nie gespielt, konnten sich Bruce-Fans hier richtig freuen.

Da ich den Song zuvor nicht live erleben durfte, hatte ich während des Wunschkonzerts im Mittelteil bei “I´m Going down” den meisten Spaß. Eine wunderbare Midtempo-Abgeh-Nummer mit einfachem Refrain für die Masse. Sehr schön.

Nach dem für mich persönlich zu oft gespielten “Ramrod” kündigte sich während des intensiven “Trapped” ein Höhepunkt des Abends an: “Because the Night”. Nach der ersten Zeile hörte ich eine junge Dame hinter mir rufen “Das kenn ich!” Und so ging es (wie schon 2008 in Hamburg) vielen Gelegenheits-Springsteen-Hörern im weiten Rund. Diesen Song, eher bekannt durch die vor Jahrzehnten in Vergessenheit geratene Patti Smith, nimmt das Publikum als einen echten Klassiker aus alten Zeiten wahr und geht dementsprechend mit.

Dann folgte der Fun-Doppeldecker “Waiting/Promised Land”, der uns allen ein Lächeln auf die Lippen zauberte wie es sonst nur der Biss in einen Schokoriegel vermag. Besonders zuckersüß waren dabei natürlich die zum Mitsingen aufgeforderten Kinder.

Danach geschah etwas, was ich persönlich noch bei keinem Springsteen-Konzert erlebte. Mit “Point Blank” zauberte der Boss eine ultra-rare Nummer aus dem Hut, die zwanzig Quadratmeter um mich herum aber niemanden interessierte. Die Besoffenen vor mir gingen Bier holen und die Dame hinter mir begann wie sämtliche Leute um mich herum zu quatschen. Noch erstaunlicher war, dass fast alle Zuschauer vor mir gar nicht mehr nach vorne schauten, sondern sich Zigaretten drehten, ihre Handys bedienten oder eben mit ihren Bekannten redeten. Das Gebrabbel war gegen Ende des Songs so laut, dass ich angesichts seiner Ruhe die Ohren spitzen musste, um Bruce noch deutlich verstehen zu können. Traurig aber wahr: “Point Blank” gehört nicht in ein Stadion sondern in ein Solo-Akustik-Set und war bezüglich Stimmung der Downer des Abends.

Das anschließende “Kingdom of Days” – das so klingt wie viele Songs auf dem Vorgängeralbum “Magic” – war zwar auch kein Volltreffer, riss die Leute aber aus ihrer Lethargie und bereitete sie auf das Triple Lonesome/Rising/BtR vor. Wurde zu “Lonesome” noch artig mitgeklatscht, entfachte “Rising” einen Enthusiasmus, der im Klassiker “BtR” zur Ekstase wurde. Das von der Bildregie gegen Ende eingeblendete “Thunder Road”-Schild eines Fans fand leider (!) keine Beachtung durch den Boss.

Der Zugaben-Sixpack begann mit dem ungewohnten “Hard Times” und dem 75er-Epos “Jungleland” eher schleppend, hinterließ mit dem rührseligen “Bobby” und der 80er-Pop-Hymne “Dancing” aber genau den Eindruck, den Bruce-Gigs hinterlassen sollten.

Online-Setlist-Leser wussten danach natürlich, dass noch ein sechster Song folgen würde. Nur welcher, war noch unklar. Bruce entdeckte ein Fan-Schild weit hinten im Innenraum und wies einen Kameramann an, es einzufangen: “Twist and Shout”.

Die altehrwürdige Nummer von Phil Medley und Bert Berns, zuvor bereits durch die Top Notes, The Isley Brothers und vor allem die Beatles zum Welthit gemacht, funktioniert auch 2009 als Abschlussfeuerwerk und motiviert vollkommen verschwitzte Menschen sogar nach drei Stunden Beine-in-den-Bauch-Stehen zu einem letzten wilden Tanz.

Fazit: Ein wunderbares Konzert einer in dieser Form einfach unschlagbaren E Street Band mit nur einem Ausfall (Point Blank), dafür aber reichlich guter Stimmung und etlichen Überraschungen.

Konzert Frankfurt 2009: Kurzreviews

Review von Sleppy

Das Negative vorweg: Die Organisation! Von mir gibts dafür eine glatte 6!!!!
Zum Konzert: Unglaublich und unbeschreiblich. Die Stimmung vom ersten bis zum letzten Ton auf dem Siedepunkt. Ein Klasse-Set mit einigen Überraschungen und zum Abschluss noch “Twist and shout”, mir fehlen noch immer die Worte. Auch wenn der Sound am Anfang etwas schwächelte, wurde er vorne im Innenraum nach und nach besser. Ein Riesen-Kompliment an die Band für ein solches Power-Set ohne Unterbrechung. Sicher ist jedes Konzert vom Boss ein neues Erlebnis, aber das Konzert gestern war definitv das beste, was ich bisher von ihm gesehen habe. In Anbetracht des Gesundheitszustandes des “Big Man” fürchte ich, dass dies wohl die letzte Tour (zumindest in Europa) der E-Street- Band in dieser Besetzung gewesen sein wird. Ihm wünsche ich jedenfalls alles Gute und allen Fans für die kommenden Konzerte ebenso ein Wahsinns-Konzert wie es gestern abend war. Bruuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuce!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Review von Henner

@ telecaster,
eine sehr gelungene Konzertkritik. Aber bei einem muss (!!!) ich leider wiedersprechen. Wir standen ca. in der achten Reihe und wenn ich an point blank denke bekomme ich immer noch Gänsehaut. Für jemanden der mit dem River-Album groß geworden ist war es live eine Sensation. Und bei uns hat glücklicherweise auch keiner rumgequatscht. Ansonsten das mit Abstand von der Spielfreude beste Boss-Konzert was sich für mich auch darin gezeigt hat, dass er vor dem “Zugabenblock” gar nicht von der Bühne gegangen ist. Danke Bruce, Danke E-Street Band für einen unvergesslichen Abend.

Antwort von Telecaster

@henner
“Point Blank” war wahrlich eine Sensation, weil Bruce es einfach so selten spielt. Und in der achten Reihe, nah dran und mitten unter Dutzenden bei 34 Grad im Schatten ab 10 Uhr morgens wartenden Über-Fans auch sicherlich die von Dir beschriebene Gänsehaut-Garantie. Da vorne würdigt man halt jede Silbe, die man vernehmen darf (habe ich selbst mal 2005 in Frankfurt erlebt).

Du kannst mir aber glauben, dass das nur ca. 25 Meter hinter Dir (da stand ich) schon wesentlich anders aussah. Um mich herum wendeten sich die Leute reihenweise anderen Dingen zu. Noch erschreckender war die Reaktion der “Fans” auf der sogenannten VIP-Tribüne rechts über mir. Da stützen einige vermutlich durch SonyBMG mit Freikarten ausgestatte ältere Herren ihre müden Köpfe zeitweilig mit ihren von Business-Hemden umkleideten Armen ab.

Ist aber auch egal, muss ja nicht jeder jeden Song kennen bzw. mögen. Außerdem rackerte sich die durch Bruces´ Ausstrahlung vor Spielfreude schier überkochende Band durch 27 weitere Songs. Da war dann schließlich für jeden im Stadion was dabei.

Und das Bruce vor den Zugaben nicht die Bühne verließ, erklärt sich wohl leider durch Clarences´ Gesundheitszustand.

Kaum vorstellbar, wie eine Show ohne ihn aussähe.

Kommentar von Idensen zu Clarence

Was ist den mit Clarence Clemons los? Sah sehr schelcht aus, hat sich kaum bewegt und wurde nach Ende des Konzerts mit einem Elektrowagen die 50m bis zu den wartenden Autos gefahren. Wirkte auf mich schwer krank?!

Kommentar von Telecaster zu Clarence

Ja, das war leider sehr auffällig und machte auch online die Runde. Ich befürchte jedenfalls, dass wir ihn zumindest in Europa nicht mehr live erleben werden.

Wenn man bedenkt, dass Bruce für sich eine evtl. durch ein Soloprojekt unterbrochene Pause ankündigte, dürfte das nächste E-Street-Album in weite Ferne rücken – es sei denn, Bruce arbeitet während der Tourpausen wie z.B. vor und nach dem Bonnaroo-Festival an neuen Songs.

Meine positive Prognose: So lange er lebt, wird Clarence Bruce weiterhin im Studio und Großraum New York zur Verfügung stehen.

Aber hoffen wir mal alle, dass Clarence nur Urlaub braucht und weiter mit um die Welt reist. Schließlich ist er wie Charlie Watts bei den Rolling Stones die Seele der Band.

Magie:

Das war der helle Wahsinn bin der überzeugung eines der besten Konzerte vom Boss und der Band gesehen,gehört und gefühlt zu haben!” Was für eine Setlist” ich wiederhole ständig diesen Satz weil ich immer noch fassungslos bin!
Was für ein perfekter Tag und alle waren dabei mit dennen ich so einen Tag verbringen möchte!Schön das es euch gibt!
Jetzt muss ich erstmal verarbeiten!

Magie(völlig von der Rolle)

Zoe:

ich habe bruce schon oft gesehen, über nun fast 25 jahre, stimme dir zu: das war das BESTE, das hätte ich echt nicht erwartet, ab SEEDS war es magic, FACTORY, POINT BLANK und Clarences Solo in JUNGLELAND trieben mir ungelogen die Tränen in die Augen. Mit solcher Inbrunst hat Bruce schon lange nicht mehr gesungen wie bei POINT BLANK. ich stand vordere mitte und um mich kannten etliche leute jeden einzelnen vers, das konzert lebte auch von der fantastischen, ausgelassenen stimmung der fans. bruce war extrem gut drauf, auch die band, muss mal sister soozie und nils und max und roy sehr loben, die soli waren kristallklar, und man sah, dass sie alle echt viel zu tun hatten! will mir nun doch noch eine show gönnen auf dieser tour, war um längen besser als hamburg letztes jahr, was auch toll war, doch nicht so atmosphärisch. der sound war auch viel besser hier, im gegensatz zum stadionlicht … ich war emotional völlig fertig danach und wollte nicht weg, viele leute sangen noch weiter, viele waren auf dem parkplatz und unterhielten sich weiter über die show, fuhren noch lange nicht los. er ist der allerallergrößte, hier und heute, und er hat die allerallergrößten fans. so so proud of him and of you all.

Nachwort: Bruce Springsteen 03. Juli 2009 in Frankfurt !!!

Werbung Sony BMG 1

Aussen

Hallo Tramps und die, die es seit Freitagabend geworden sind 😉

Was am Freitagabend dem 03. Juli 2009 abging, wird wohl lange im Gedächtnis der Fans bleiben. Sicherlich hatte man im Hinterkopf „Noch ein Tag und es ist der Unabhängigkeitstag…Bruce spielt bestimmt Independence Day oder Sandy“.

Doch der Boss kam mit einer Urgewalt auf die Bühne, als ginge es um sein Leben. Nach nur zwei Songs ran ihm der Schweiß in Bächen von der Gitarre. Das Publikum stand Kopf und rockte das Haus. Highlights des Abends „Factory“, „Something in the night“, „Adam raised a cain“ und das genial gespielte „Point Blank“.

Unglaublich das Bruce so etwas in Deutschland spielt. So etwas kennt man nur aus Italien oder Spanien. „Twist and Shout“ war ein rockiger Endsong, der zum letzten Mal die Band über sich hinaus wachsen lies. Danny Federici wäre stolz auf seine Mannen gewesen und sein Geist war im Stadion zu spüren. We love you brother „Phantom“ Dan 🙂

Für mich ist die E Street Band wie ein Wein…je älter desto reifer, desto unbezahlbarer. In der Formation gibt es wohl kaum eine Rockband, die mit 60 Jahren (im Schnitt) einen 3-stündigen Marathon hinlegt. Den alten Rolling Stones sei gesagt…schaut Euch Bruce an, dann wisst ihr warum er „The Boss“ genannt wird.

Ich möchte mich für einen wundervollen Tag bei Magie, Steven, Horst, Otto, Angelika, Woody und all die neuen Bekanntschaften bedanken, die mir diesen  Tag zu einem besonderem in meinemLeben gemacht haben. Gruß auch an Sleepy und Telecaster. Schade das wir uns nicht kennen gelernt haben, aber am Freitagabend war die Lautstärke der Fans so enorm, da hörte man nichtmal das Handy 🙂

Last but not least…All my love goes to the hard rockin´, pants droppin´, viagra takin´, history making and for all times in the world the legendary E Street Band. Thank´s guys for one of the best Shows if ever seen. Your still in my heart…Thorsten

Setlist: Frankfurt 03.07.09

Was für ein Abend ! Schaut euch nur mal die Setlist an. 28 Songs. Bruce und die E-Street Band waren in Top-Form. Die Stimmung von Bruce übertrug sich schnell auf das Publikum. Eines der besten Konzerte, dass ich bis jetzt erleben durfte.

Im laufe des Tages bzw. auch morgen werden Torsten und ich neben unseren Berichten, auch noch ein paar Fotos auf der Webseite veröffentlichen.

Eure Eindrücke oder Fotos von Frankfurt und München könnt ihr uns per E-Mail senden: germantramps@live.de
Setlist:
Badlands
Adam Raised a Cain
The Ties That Bind
My Lucky Day
Outlaw Pete
Hungry Heart
Working on a Dream
Seeds
Johnny 99
Factory
Something in the Night
I’m Goin‘ Down
Ramrod
Trapped
Because the Night
Waitin‘ on a Sunny Day
The Promised Land
Point Blank
Kingdom of Days
Lonesome Day
The Rising
Born to Run
* * *
Hard Times
Jungleland
American Land
Bobby Jean
Dancing in the Dark
Twist and Shout